Terrorismus beenden ist unsere Aufgabe
Ein Interview mit Mansoor Hekmat
Haftegi: Tausende von Menschen haben bei den terroristischen Angriffen auf die Wolkenkratzer des World Trade Centers in NewYork und auf das Pentagon in Washington ihr Leben verloren. Was ist die Position der Arbeiterkommunistischen Partei Irans zu diesem Ereignis?
Mansoor Hekmat: Die Arbeiterkommunistische Partei Irans gab sofort ein Communiqué dazu heraus. Wir verurteilen diese Tat als ein unermessliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit und als Massenmord. Unser Mitgefühl gehört den Menschen in Amerika und wir teilen ihre Sorgen. Reaktionäre Staaten und Organisationen haben Terrorismus zu einem beständigen Aspekt unseres Lebens in dieser Ära gemacht. Wir glauben, dass wir durch die Kraft der Menschen, ein Ende des staatlichen und nicht-staatlichen Terrorismus bewirken können und müssen. Außerhalb dieser direkten, unvorstellbaren und kriminellen Dimension ist uns klar, dass dieses Ereignis gerade eine Einleitung zur einer weiteren Eskalation eines globalen terrorististischen Wettbewerbs ist. Es ist ein dunkler Tag - eine Einleitung zu mehr Notständen. Wir rufen die Menschen auf, nach vorne zu kommen, und die Welt in ihre eigenen Hände zu nehmen. Die Welt muss aus den Händen der Bombardierer und Generäle genommen werden.
Haftegi: Wer hat diesen terroristischen Akt durchgeführt, und zu welchem Zweck?
Mansoor Hekmat: Die Tatsachen dieses Ereignisses sind noch nicht klar. Einige Möglichkeiten könnten existieren. In dem Oklahoma-Fall wurde es schnell klar, dass ein Kreis von Rechtsextremen in Amerika selbst diese Katastrophe verursachte. Aber dieses Mal gibt es Anzeichen dafür, dass ein islamischer Zusammenhang hinter diesen Verbrechen steht. Die selbstmörderische Natur dieser Operation plaziert es in der gültigen islamischen Tradition. Welche islamische Organisation und/oder welche Mischung von Organisationen und Staaten, hinter diesem Angriff stehen, ist noch unklarer. Der Umfang dieser Operation, die Existenz von vier Teams mit vier ausgebildeten Piloten, die Passagierflugzeuge fliegen können, und die bereit waren, Selbstmord zu begehen, läßt auf einen langfristigen Plan von vier bis fünf Jahren schließen. Dass westliche Organisationen keine Anhaltspunkte solch eines großräumigen Planes gehabt hatten, ist darauf hinweisend, dass sie nicht tief genug in diese Zusammenhänge eingedrungen sind, und das betrifft Amerika und Europa. Nichtsdestoweniger, ist es nicht möglich, die Ursachen und Täter dieses Ereignisses mit Sicherheit zu bestimmen. Die amerikanische Regierung und ihre Medien sind primär auf Bin Laden fokussiert.
Haftegi: Amerikanische Offizielle sprechen von der Rache und vom Bestrafen der Terroristen und der Länder, welche sie unterstützen. Sie haben Bin Laden beschuldigt und sie haben gesagt, falls die Taliban ihn nicht ausliefert, dass sie Afghanistan angreifen. Was ist Ihre Meinung darüber?
Mansoor Hekmat: Meiner Meinung nach führen Amerika und NATO definitiv eine unermeßliche, heftige Operation, nicht um notwendigerweise die Täter grundlegend zu bestrafen, welche sogar innerhalb des Zündungsbereiches Amerikas sein könnten, sondern eher, um ihre Energien global und für die psychologischen und emotionalen Faktoren innerhalb Amerikas zu nutzen. Zwischen einer wirkungsvollen und politischen Konfrontationsmöglichkeit, anti-amerikanischen Terrorismus zu begegnen, und einer wirkungslosen, militärischen Vorgehensweise, entscheidet Amerika sich definitiv für das letztere, weil die Auffassung Amerikas von sich selbst und auch sein Großmachtstatus auf militärischer Macht basiert. Es gibt noch keine Sicherheit über das Ausmaß von Amerikas Antwort. Ich denke nicht, dass sie selbst das Abfeuern von Missiles und das Bombardieren von Regionen und Städten von Afghanistan für genügend halten. Wenn die Taliban Bin Laden ausliefert, könnte das Ausmaß von Amerikas militärischer Reaktion begrenzt bleiben; andernfalls würden sie planen, eine militärische Besetzungs- und Bodeninvasion von Afghanistan oder sogar von Irak durchzuführen. Dieses würde viele Sachen ändern. Das politische Bild der Welt würde sich ändern.
Haftegi: In den Reaktionen dieses Ereignisses innerhalb Amerikas, hat es Gesprächsstoff über die Informations- und Sicherheitsschwächen gegeben. Tatsächlich sind das Pentagon, die Mitte der Verteidigungseinrichtung, und das wichtigste Finanzzentrum in Angriff genommen worden und viele Menschen sind dabei umgekommen. Was ist der Effekt dieses Ereignisses betreffend dem Status von Amerika als Supermacht in dieser Welt, welche Maßnahmen könnte Amerika ergreifen, um eine verminderte Position zu verhindern?
Mansoor Hekmat: Meiner Meinung nach hilft dieser Terrorismus Amerikas Bild als Supermacht zu sichern. Die amerikanische Supermacht wird in ihrer Beziehung zu anderen ökonomischen, politischen und militärischen Energien in der kapitalistischen Welt nicht in Bezug auf ein Afghanistan, Irak und/oder einem islamischen Jihad und Hamas definiert. Amerikas Status als Supermacht liegt darin, die Welt zu dominieren, und nicht in sicheren Flughäfen und feuerfesten Gebäuden. Und das heutige Klima in der Welt ist ähnlich dem nach der Besetzung des Iraks von Kuwait - ein Klima der erneuerten Erklärungen der Untertanentreue nach Amerika durch andere westliche Kräfte und ihrem Einfügen zu den politischen und militärischen Tendenzen der amerikanischen Führung. Durch dieses terroristische Verbrechen gibt es ein Blanko-Scheckformular für Amerika für militärische Intervention in irgendeinem Teil der Welt und um seine Weltdominanz wieder zu behaupten, während ein Tag davor, die amerikanische Regierung unter Druck war, von den westlichen Staaten und Medien wegen ihrer hartnäckigen und einseitigen Verteidigung Israels und wegen ihrem Ignorierens des Kyoto-Abkommens. Amerika wird dieses Ereignis als Sprungbrett benutzen, als eine Ausrede und eine Einleitung, um militärische Macht zu zeigen. Kurzfristig werden alle westlichen Regierungen dazu in Gehorsam stramm stehen. Mittelfristig, werden die ökonomischen und politischen Gleichungen sich zum Nachteil Amerikas auswirken.
Haftegi: Politisch gesehen, beeinflußt dieser Vorfall Angelegenheiten wie Frieden im Nahen Osten und der Frage von Palästina? Wie?
Mansoor Hekmat: Kurzfristig wird alles bestimmt von diesem Vorfall betroffen sein. Beide Seiten des Konflikts in Palästina und Israel sind betäubt, unbeweglich und besorgt. Arafat erreicht ein Mikrophon und verdammt den Angriff schnell, falls man ihn für teilweise verantwortlich halten könnte. Israelische Führer sind sehr aufgewühlt mit Argumenten, dass dieses Ereignis eine Folge der palästinensischen Frage ist und eine Reaktion auf israelische Gewalt, sie verneinen jede Verantwortung. Aber die mittelfristigen Effekte dieses Ereignisses werden von Amerikas anfänglichen Reaktionen abhängen. Wenn es eine blutige Vorstellung von Gewalt gegen islamische Gruppen gibt, dann wird am Ende Diplomatie, um Frieden zwischen beiden Seiten basierend auf einem neuen militärischen Standard zu erreichen, beginnen, so wie wir es am Ende des Angriffs auf den Irak gesehen haben. Aber die Palästina-Frage und die arabisch-israelische Situation ist mehr in den lokalen Realitäten tief verwurzelt. Frieden in Palästina ist nicht machbar ohne eine Bewegung nach links in beiden, der israelischen und der palästinensischen Gesellschaft. Um Frieden, Säkularismus und Gerechtigkeit zustande zu bringen, müssen beide Seiten sich durchsetzen gegen Religion und Ethnicism. Die palästinensische Frage hat keine militärische Lösung. Einschüchterung ist vergeblich. Als Konsequenz, wenn sich die Sicht beider Gesellschaften zueinander und die politischen Ausrichtungen von Links und Rechts in ihnen sich nicht verändern, wird diese Frage weiter bestehen.
Haftegi: In den aktuellen westlichen Medien sind diese Terroristenangriffe als eine Konfrontation mit der Demokratie dargestellt worden und sie haben irgendwie einige 'islamische Länder' in diese Konfrontation gestellt. Ist es möglich, dass dies zum Wachstum des Rassismus im Westen führen könnte?
Mansoor Hekmat: Wir haben einen beschränkten Verweis auf Huntingtons These des 'Clash of civilisations' in den westlichen Medien miterlebt; dass dies ein Kampf der ' Zivilisationen' ist, ein Angriff auf den westlichen ' Way of Life ', auf die Demokratie, usw. ist, war hier und dort zu hören. Aber die Antworten des Mainstreams der Gesellschaft und sogar die von Sprechern der amerikanischen Regierung zeigen, dass diese Ansicht nicht hält. Ich bin über die Zunahme des Rassismus nicht besorgt, wenn ich diesem Vorfall folge. Rassisten werden bestimmt für eine Weile aktiver und aggressiver, aber die westliche Gesellschaft drängt sie zurück. Im Gegenteil, die Bevölkerung von Amerika hat, soweit man das aus der Ferne sehen kann, sich mit bewundernswerter Würde und Menschlichkeit in Angesicht solch einer entsetzlichen Katastrophe verhalten. Ich denke, dass die Menschen in Amerika nicht einmal so leicht eine unterschiedslose, militärische Antwort akzeptiert. Dieser Vorfall ist zu groß, um in der Lage zu sein, typische Klischees und Propaganda zu verwenden. Folglich hat die westliche Gesellschaft meiner Meinung nach einen reiferen und hochentwickelteren Ansatz, mit diesem Vorfall umzugehen. Die heutige Kommunikationstechnologie hat es schwieriger gemacht, Leute in Unkenntnis zu halten und sie mit Bigotterie zu füttern. Dasselbe Fernsehen, das die New York Katastrophe der Welt zeigte, sendet auch Kabuls Zerstörung. Die Person, die wegen der New York Katastrophe Tränen gezeigt hat, wird nicht leicht in der Lage sein, ihre Wiederholung in Kabul zu bejubeln.
Haftegi: Das Communiqué der API hat die New York Katastrophe als einen anderen Schritt in der Eskalation eines terroristischen Wettbewerbs, eines Wettbewerbs bezeichnet, bei dem auf der einen Seite die Mehrheit der Staaten der Welt und bei dem auf der anderen Seite reaktionäre und besonders islamische Bewegungen teilnehmen. Wie kann dieses Rennen angehalten werden, und welche Rolle muss die API Ihrer Meinung nach im Kampf gegen den Terrorismus spielen?
Mansoor Hekmat: Terrorismus beenden ist unsere Aufgabe. Es ist die Aufgabe von jenen von uns, die die Gleichheit, Rechte und Würde der Menschen anstreben, und das Einführen dieser Werte. Staatlicher Terrorismus wird enden durch das zu Fall bringen terroristischer Staaten. Nichtstaatlicher Terrorismus muss durch das Plazieren eines Endes der Nöte, Diskriminierungen, Ausbeutungen und Unterdrückungen ausgerottet werden, die Menschen zur Verzweiflung führen und sie zu Opfern von reaktionären und unmenschlichen Organisationen und Strömungen machen. Er kann durch Aussetzen von Religion, Ethnicism, Rassismus und jeder reaktionären Ideologie ausgerottet werden, die keine Achtung vor Menschen hat. Unsere Antwort ist es, zu kämpfen für die Schaffung einer offenen, freien und gleichen Gesellschaft, in der Menschen, das menschliche Leben, Würde und ihre gute Existenz geschätzt werden. Die arbeiterkommunistische Partei Irans und politische Parteien wie unsere treten beiden Seiten dieses terroristischen Wettbewerbs - reaktionären Staaten als auch reaktionären Bewegungen und Parteien - gegenüber. Aber es sind zunächst sie, die das Bild der Welt definieren. Wir und Parteien, die unserer ähnlich sind, müssen Freiheitsliebe und progressive Menschlichkeit gegen die Gesamtheit dieser Situation nach vorne bringen. Bis dahin geht der Zustand dieser Angelegenheiten so weiter.
Translated by Tom Selec
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